Taschenuhren Opa war so weit weg Martin Berner Haiku-und Tanka-Auswahl März 2025 1. März 2025 Allgemein/HAIKU- UND TANKA-AUSWAHL 13 mins read Es wurden insgesamt 287 Haiku von 101 Autoren/Autorinnen und 65 Tanka von 28 Autoren/Autorinnen für diese Auswahl eingereicht. Einsendeschluss war der 15. Januar 2025. Diese Texte wurden vor Beginn der Auswahl von mir anonymisiert. Die Wertung der aktuellen Auswahl der HTA wurde koordiniert von Peter Rudolf. Der Einsendeschluss für die nächste Haiku-/Tanka-Auswahl ist der 15. April 2025. Bitte alle Haiku/Tanka unbedingt gesammelt in einem Vorgang in das Online-Formular auf der DHG-Webseite HALLO HAIKU selbst eintragen: https://haiku.de/haiku-und-tanka-auswahl-einreichen/ Ansonsten per Mail an: auswahlen@sommergras.de Jeder Teilnehmer kann bis zu sechs Texte – drei Haiku und drei Tanka – einreichen. Eingereicht werden können nur bisher unveröffentlichte Texte (gilt auch für Veröffentlichungen in Blogs, Foren, inklusive die Foren auf HALLO HAIKU, sozialen Medien und Werkstätten etc.). Bitte keine Simultan-Einsendungen. Bitte denselben Text nicht wiederholt einreichen. Jedes Mitglied der DHG hat die Möglichkeit, eine Einsendung zu benennen, die bei Nichtberücksichtigung durch die Jury auf einer eigenen Mitgliederseite veröffentlicht werden soll. Mit der Einsendung gibt der Autor/die Autorin das Einverständnis für eine mögliche Veröffentlichung in der DHG-Haiku-Agenda. Haiku-Auswahl der HTA Die Jury bestand aus Birgit Schaldach-Helmlechner, Dagmar Westphal und Torsten Hesse. Die Mitglieder der Auswahlgruppe reichten keine eigenen Texte ein. Alle ausgewählten Texte – 35 Haiku von 30 Autoren – werden in alphabetischer Reihenfolge der Autorennamen veröffentlicht. Es werden max. zwei Haiku pro Autor/Autorin aufgenommen. „Ein Haiku, das mich besonders anspricht“ – unter diesem Motto besteht für jedes Jurymitglied die Möglichkeit, bis zu drei Texte auszusuchen (noch anonymisiert), hier vorzustellen und zu kommentieren. Ein Haiku, das mich besonders anspricht nebelland alle wege führen in mich Frank Dietrich Nebel – der mal mehr, mal weniger zähe Dunst hat jahreszeitlichen Bezug zu den Herbst- und Wintermonaten. Es haften ihm sowohl faszinierende Kräfte als auch gruselige Attribute an. Metaphorisch wird er oft verwendet, um Unklarheit, Unsicherheit oder auch Einsamkeit zu beschreiben. Dieses Haiku hat elf Silben, und die dreisilbige Eröffnungszeile Nebelland veranschaulicht eine nicht näher bezeichnete, verschleierte Landschaft. Es könnte sich um ein abgegrenztes Grundstück, eine dörfliche Gegend und, bei der Vielfältigkeit an Deutungsmöglichkeiten, sogar um ein noch deutlich größeres Gebiet handeln. In der zweiten Zeile sind Wege Bestandteil des äußeren Naturbildes, und der adjektivisch verwendete Begleiter alle weist auf eine unbestimmte Anzahl hin. Aus dem Verb führen ist hier noch keine Richtung herauszulesen, jedoch bahnt sich Bewegung an. Die Wege sind aktive Gestalter und verknüpfen in der dritten Zeile die äußere mit der inneren Welt. Ob überhaupt – und wenn welche Wege introspektiv nun begangen werden, oder wie tief diese in mich führen, erfahre ich nicht. Ich stelle mir zudem die Frage: Liegt die innere Landschaft im hellen Licht, oder zeigt sich darin ebenso die sichteinschränkende Charakteristik, sodass die Undurchdringlichkeit sich widerspiegelt und das Weitergehen ohne klare Orientierungspunkte zur angstbesetzten Herumstocherei werden kann? Eine Nebelhülle kann aber genauso Schutz sein, ein zur Vorsicht mahnender Fingerzeig, nicht einfach vorzupreschen, ohne mögliche Konsequenzen zu bedenken, denn was das dichte Grau verbirgt, ist allenfalls zu erahnen. Manchmal ist es deshalb ratsam, sich in Geduld zu üben und ein bisschen zu warten, bis die Sonne die Luft erwärmt und der Nebel sich auflöst. Ausgesucht und kommentiert von Birgit Schaldach-Helmlechner erste tage im neuen Jahr – wie müde ich geworden bin Gabriele Hartmann Der Beginn des neuen Jahres ist ein Kigo im klassischen Haiku und, anders als sonst, sind in Neujahrs-Haiku Reflexionen und Selbstauskünfte des Autors nicht unüblich. Doch warum ist der Autor/die Autorin müde? Zu intensiv Silvester gefeiert? Das wäre trivial. Doch andere Gründe sind denkbar. Wenn sich im Leben nichts zum Besseren wendet, wenn die Probleme des neuen Jahres die des alten sein werden? Wenn das neue Jahr nur eine neue Runde im Hamsterrad ist? Wird chronische Müdigkeit zu einem heimlichen Problem in unserer Gesellschaft? Nicht nur als Langzeitfolge von COVID-19, sondern auch als körperliche Reaktion auf die seelische Überforderung durch Arbeitsverdichtung, Informationsüberflutung, eine überkomplexe Umwelt, und Probleme wie den Klimawandel, denen der und die Einzelne hilflos gegenübersteht? Psychische Erkrankungen sind die dritthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland. Spontan denkt man an Burn-Out und an Depressionen, sogar schon bei jungen Leuten. Das Haiku thematisiert, so scheint es mir, ein wichtiges, wenig beachtetes Thema. Dabei hat es nahezu die Form eines klassischen Haiku – wenn man das von einem nicht-japanischen Haiku überhaupt sagen kann. Die Zäsur in der Mitte der zweiten Zeile – als dōgire („Schnitt durch den Leib“) bezeichnet – ist in japanischen Haiku eher selten. Im vorliegenden Fall bewirkt sie, dass das Wort „müde“ größtes Gewicht bekommt. Ausgesucht und kommentiert von Torsten Hesse Winzige Wellen In den Wogen des Windes Ein formloser Tanz Tom Kulhanek Stille Tage – nicht enden wollende Trübnis, eine alles erstickende Wolkendecke, die mich lähmt. Plötzlich ein Hauch von irgendwoher, ein leiser Luftzug berührt einen Grashalm, bewegt Blätter – ein sich zaghaft näherndes Wispern und Flüstern, ein erwartungsvolles Brausen schwebt über der Erde, entfernt sich, kommt näher, ergreift mich, berauscht – ich eine winzige Welle in den Wogen des Windes lausche und tanze mit allem, was lebt, den ewigen Tanz. Ein Haiku mit klassischer Silbenzahl, lautmalerisch wie der Wind. Es spricht all meine Sinne an und lässt eine Zäsur an unterschiedlichen Stellen offen. Ausgesucht und kommentiert von Dagmar Westphal Langes Telefonat Der Nachbar räumt meinen Schnee Bernd Reklies Ein Haiku mit Kigo: Schnee. Das ist keine Zutat, informiert nicht nur über die Jahreszeit, erzeugt auch nicht nur eine Stimmung, sondern benennt das Problem: Der Schnee muss geräumt werden, so verlangt es die Vorschrift, doch der Autor/die Autorin kann es nicht tun, ist vielleicht krank oder behindert. Erst nach einem langen Telefongespräch hat der Nachbar sich bereiterklärt, die Arbeit zu übernehmen. Das Haiku verrät uns nicht, was am Telefon gesprochen wurde. Ging es nur darum, dass der Nachbar eigentlich keine Zeit hatte? Oder war das nachbarschaftliche Verhältnis getrübt? Hatte es in der Vergangenheit Streit gegeben? Musste erst um Verzeihung gebeten werden? Wir erfahren nicht, was es den Autor/die Autorin gekostet hat, den Nachbarn zur Hilfeleistung zu bewegen, doch wir spüren die Erleichterung darüber, dass es gelungen ist. Das Haiku spricht ein Problem an, das in unserer Gesellschaft zunimmt: Einsamkeit. Im konkreten Fall geht es nicht um Einsamkeitsgefühle, sondern um das objektive Auf-sich-allein-gestellt-Sein kranker und alter Menschen in einer Kultur, in der traditionelle Familienstrukturen verschwinden, ohne dass Ersatz in Sicht ist. Und ich finde es erstaunlich, wie das Haiku mit wenigen nüchternen Worten ein spannungsreiches inneres Geschehen ahnen lässt: von der Not, das Problem nicht selbst lösen zu können über die Auseinandersetzung mit dem Nachbarn bis zur Erleichterung nach der Hilfszusage – all das durch die Nennung zweier rein äußerlicher Tatbestände: dass ein langes Telefonat stattgefunden hat, und dass der Nachbar den Schnee räumt. Ausgesucht und kommentiert von Torsten Hesse An der Straße die schwarze Katze – schon seit Wochen Jan Weck Es führt kein Weg daran vorbei, auch heute werde ich sie wieder sehen. Doch vielleicht sollte ich einen Umweg machen – nein, ich will wissen, ob sie noch da ist: die schwarze Katze. Was ist ihr geschehen? Hat sie sich verlaufen? Oder wurde sie vielleicht ausgesetzt? Vermisst sie denn keiner? Fragt niemand, ob sie es geschafft hat – und vielleicht noch lebt? Und wenn nicht, warum nur kümmert sich keine Menschenseele um sie und überlässt sie ihrem schicksalhaften Tod … wenn sie heute noch da sein sollte, werde ich anhalten und aussteigen – versprochen. Ausgesucht und kommentiert von Dagmar Westphal Die Auswahl Taschenuhren Opa war so weit weg Martin Berner deine Augen … mein Herz atmet Kirschblüten Claudia Brefeld Häuserruinen nur eine Taube und ihr Schatten Claudia Brefeld Unterführung die Schritte mitgenommen vom Echo Heiner Brückner

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